Fachkräftemangel in der Pflege - wird die Pflege zum Pflegefall?

Laut Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) zeigt sich der Fachkräftemangel am intensivsten in den Gesundheits- und Sozialberufen. Sollten weiterhin qualifizierte Arbeitskräfte in diesen Berufen fehlen, können im Jahr 2035 knapp 1,8 Millionen der offenen Stellen nicht besetzt werden. Dramatisch ist der Personalnotstand vor allem in der Alten- und Krankenpflege.

Bevor wir auf die Gründe des Fachkräftemangels in der Pflege näher eingehen und welche Möglichkeiten es gibt, diesen zu bewältigen, schauen wir zunächst auf die aktuelle Situation.

Das Thema ist als Problem schon lange bekannt: Die Lebenserwartung und Alterung der deutschen Bevölkerung steigt stetig und damit auch die Zahl der Pflegebedürftigen, der Bedarf an in der Gesundheitsbranche ambulant und stationär tätigen Unternehmen und somit der Bedarf an Pflegefachkräften wie z. B. Altenpfleger:innen. Doch aktuelle Zahlen zeigen, dass sich immer weniger für eine Ausbildung als Kranken- oder Altenpfleger:in entscheiden, so waren es im Jahr 2022 sieben Prozent weniger als in 2021.

Etwa ein Drittel der Pflegebedürftigen ist hochbetagt. Für rund vier von fünf Pflegebedürftigen erfolgt die Versorgung in Deutschland zu Hause durch pflegende Angehörige, häufig unterstützt von einem ambulanten Pflegedienst. Rund ein Fünftel der pflegebedürftigen Menschen leben in einem Pflegeheim.

Gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft in diesem Zusammenhang die bisherige Pflegepersonal-Regelung weiterentwickelt.

Digitalisierung hilft dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. wir zeigen wie.

PPR 2.0

Die Patienten werden täglich in vier Grund- und in vier Spezialpflege-Leistungsstufen eingeteilt, denen ein Minutenwert zugeordnet ist. Hinzu kommen als Basis Grund- und Fallwerte. So ergibt sich in Summe ein Zeitwert pro Patient, der den Pflegepersonalbedarf abbildet. Wie hoch der Personalbedarf eines Hauses ist, lässt dann über den Wert aller Patienten ermitteln. Insgesamt kann von einer Steigerung des Pflegezeitbedarfs von 8,1 % in der Behandlungspflege und bei anderen Pflegeleistungen gegenüber der alten PPR pro Patient ausgegangen werden.

Krankenhaus-Reform

Die zunehmende Bedeutung von Pflege zeigt sich auch in der Krankenhaus-Reform, auf deren Eckpunkte sich die Bundesregierung und die Länder am 10. Juli 2023 geeinigt haben und die das überholte System der Fallpauschalen beenden soll. Stattdessen bekommen notwendige Unternehmen und Kliniken Vorhaltepauschalen und damit eine Art Existenzgarantie, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anbieten. Weitere Ziele sind die Entökonomisierung, das Sichern und Steigern der Qualität der Behandlung sowie die Entbürokratisierung.

Mehr Komfort für Patienten und Pflegekraft dank einheitlichem WLAN

Beschäftigtenzahlen

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren in der ambulanten Pflege Ende 2021 fast 443.000 Menschen beschäftigt und damit 134 % mehr als 2001. In den Pflegeheimen waren es rund 814.000 Beschäftigte (+71 %). Den größten Anteil des Pflegepersonals machen Frauen in Teilzeitbeschäftigung aus. Hauptberuflich Pflegende gibt es auch in Krankenhäusern (Gesundheits- und Krankenpfleger), Altenheimen oder Rehabilitationseinrichtungen.

Die Anzahl der ambulanten Pflegedienste selbst ist innerhalb von 20 Jahren um fast die Hälfte gestiegen. Hier zeigt sich ihre hohe Bedeutung für unsere Gesellschaft, da immer mehr Menschen zu Hause gepflegt werden.

Teilzeitbeschäftigung dominiert

Während über alle Wirtschaftszweige hinweg im Jahr 2021 nur 30 % des Personals in Teilzeit beschäftigt waren, arbeiten bei ambulanten Pflegediensten 68,1 % der Beschäftigten in Teilzeit und in Pflegeheimen 63,3 %, durchaus ein Umstand der den Pflegekräftemangel noch befeuert.

Die Elektronische Patientenakte oder digitale Pflegedokumentation helfen bei Teilzeit- und Schichtbetrieb

Prognostizierter Versorgungslücke

Infolge der stetig wachsenden älteren Bevölkerung in Folge einer besser werdenden medizinischen Versorgung prognostiziert das Statistische Bundesamt bis zum Jahr 2060 einen Anstieg auf deutschlandweit rund 4,53 Millionen pflegebedürftige Menschen, weitere Engpässe in der Pflege sind damit vorprogrammiert.

Im Durchschnitt haben 2022 in der Altenpflege bereits 18.013 Fachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung und in der Gesundheits- und Krankenpflege 16.974 gefehlt.

Laut IW Köln könnten bis zum Jahr 2035 insgesamt knapp 500.000 Fachkräfte in der Pflege fehlen, davon allein rund 307.000 Pflegekräfte in der stationären Versorgung.

Aktuell bleibt im Schnitt eine offene Stelle 251 Tage in der Altenpflege unbesetzt und damit länger als in anderen Bereichen der Wirtschaft.

Fazit zum Fachkräftemangel in der Altenpflege

In einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen älter und pflegebedürftiger werden, gleichzeitig aber weniger Nachwuchs mit einem entsprechenden Berufsabschluss nachrückt, benötigt es für die Zukunft eine groß angelegte Strategie zur Behebung des Pflegenotstands, insbesondere des Personalmangels bei Fachkräften. Gefordert sind sowohl die Politik als auch die Arbeitgeber. Und die Zeit drängt: Bessere Arbeitsbedingungen, ein leichterer Zugang für Pfleger und Pflegerinnen aus dem Ausland, Fort- und Weiterbildung, eine attraktive Ausbildung und Vergütung, verbesserte Arbeitsprozesse, Entbürokratisierung … alles, was die Arbeit erleichtert, den Pflegeberuf attraktiv werden lässt und die Zuwanderung von Personal aus dem Ausland erleichtert sollte zügig auf den Weg gebracht und umgesetzt werden. Aktuell benötigen Menschen aus Nicht-EU-Staaten einen sogenannten Aufenthaltstitel, während Pflegekräfte aus einem Mitgliedsland der Europäischen Union uneingeschränkt hier arbeiten können. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu wissen, dass die Blaue Karte EU laut Bundesagentur für Arbeit für Pflegefachkräfte nicht angewendet werden kann.

Im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten wird es den Einrichtungen helfen, wenn sie sich um ihr Employer Branding kümmern, denn eine starke Arbeitgebermarke bietet Bewerber:innen Orientierung bei der Auswahl ihres zukünftigen Arbeitgebers und bindet Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen – das gilt im Gesundheitswesen ebenso wie in der Wirtschaft.


FAQ - Häufig gestellte Fragen:

Warum gibt es Fachkräftemangel in der Pflege?

Demografischer Wandel, aber auch die Arbeitsbedingungen gelten als wesentliche Ursachen für den Mangel an Personal in der Pflege. Gerade arbeitslose Menschen und Wechselwillige fürchten die psychische Belastung in dieser Branche, wie 63 % der Befragten angeben. Erst dann folgen mit 57 % die physischen Anstrengungen. Erschwerend kommt hinzu, dass nur noch 28 % der in Gesundheitsberufen Tätigen bestätigen, dass man bei einer Tätigkeit im Krankenhaus oder Klinik Menschen helfen kann. Immer wieder beklagt wird auch die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung der Leistung, die die Pflegenden tagtäglich erbringen.

Was tun gegen Fachkräftemangel in der Pflege?

Blickt man auf die Ursachen des Fachkräftemangels, sollten als Erstes die physischen und psychischen Anforderungen abgebaut und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Hier kann die digitale Transformation einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten, wenn intelligente Technologien im Pflegealltag eingesetzt werden. Dass es einen Mangel an Wertschätzung für die Arbeit als Pflegekraft gibt, ist nicht erst seit der Corona-Krise bekannt. Um einen Anreiz zu schaffen und die vermisste Anerkennung der Leistung richtig wertzuschätzen, sollten laut einer Studie von PwC die Gehälter der Pflegeberufe weiter angehoben werden und mehr Geld in Fort- und Weiterbildung investiert werden, da Bildung für jede zweite erfahrene, aber auch potenzielle Arbeitskraft ein wichtiges Thema ist. In der Studie wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass Mitarbeitende, die als Botschafter für den Pflegeberuf werben, durch die persönliche Ansprache hier einen wertvollen Beitrag leisten können. Anders als in vielen anderen Berufen arbeiten in den Pflegeeinrichtungen vor allem Frauen in Teilzeit, daher gilt es auch Lösungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu entwickeln. Die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte sollte erleichtert werden.oft abgefragte Bereiche und haben die größten Erfolgsaussichten in der Umsetzung.

Wie wird man bis 2030 den Fachkräftemangel in der Pflege gelöst haben?

Mit dem am 01.08.2018 beschlossene Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde die Einstellung von 13.000 zusätzlichen Pflegefachkräften beschlossen. Blickt man auf diesen Arbeitsmarkt, so darf zu Recht bezweifelt werden, ob diese Stellen wirklich adäquat besetzt werden können. Vielmehr zeigen Prognosen für das Jahr 2030 und die Zukunft, dass sich die Fachkräftelücke in der Pflege noch weiter vergrößern wird. Statt kleinteiliges und reaktives Handeln würden daher kurzfristig bis zum Jahr 2030 nur noch Maßnahmen in einer substanziellen Größenordnung helfen wie beispielsweise die Errichtung einer groß angelegten Pflegefachschule (10.000 Plätze) in einem Drittland, das also nicht zu den EU-Ländern gehört, wie beispielsweise Vietnam.

Warum gibt es einen Pflegekräftemangel?

Seit Jahren wächst die Zahl der Pflegebedürftigen stark. Ursache hierfür ist vor allem der stetig wachsende Anteil älterer Menschen in Folge einer besser werdenden medizinischen Versorgung, die wiederum zu einer höheren Lebenserwartung führt. Gleichzeitig verlassen aufgrund des demografischen Wandels mehr Arbeitskräfte diesen Arbeitsmarkt als junge Menschen nachkommen, da für sie eine Arbeit in einem Pflegeberuf nicht attraktiv genug ist.

Dass es in der Pflege vor allem an Fachkräften mit einer entsprechenden Ausbildung und nicht unbedingt an Arbeitskräften fehlt, hat eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit gezeigt: Im Jahresdurchschnitt 2021 kamen auf 27.000 Jobangebote für Fachkräfte nur 9.000 qualifizierte Arbeitslose. Bei den Hilfskräften waren es 37.000 Arbeitslose, die auf 9.000 freie Stellen kamen.